Julia Peglow | Wir Internetkinder

»Digitalisierung« oder »digitale Transformation« sind Schlagwörter, die sich im öffentlichen Diskurs so breit gemacht haben, dass es bei genauerem Nachdenken ziemlich unklar ist, was sie bedeuten. Jede und jeder assoziiert frei und direkt aus der eigenen Lebenswelt. Hier nun steigt Julia Peglow in ihr Thema ein. Als Designerin, die in den 1970er Jahren geboren wurde, steht sie beruflich und persönlich mit einem Bein im Analogen und mit dem zweiten im Digitalen. Daraus speist sich ihr Drang, die Implikationen, das Ausmaß und die Folgen der digitalen Sphäre unseres Lebens zu erkunden. Sorgsam in Gedankenführung und Formulierung schweift sie durch ihre Themen. Dabei besticht insbesondere ihr gelungener Versuch, den Einfluß der Digitalisierung in ihrer historischen, zeitlichen Dimension zu verwurzeln. So bietet sie Perspektiven und Sichtweisen, die zur eigenständigen Betrachtung des Themas anregen.

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Das 20. Jahrhundert mag auf den ersten Blick, aus globaler und auch aus rückwärtiger Sicht, den Eindruck erwecken, es sei ein amerikanisch geprägtes Jahrhundert gewesen. Bei genauerer Betrachtung aber wird die sich bereits seit dem 19. Jahrhundert entwickelnde immense Wirkungskraft deutlich, die von den zeitweilig direkten Nachbarstaaten Deutschland und Russland auch für die internationale Ordnung ausgegangen ist. Beide Länder verbindet eine wechselvolle Beziehung mit gravierenden Folgen. Dies trifft nicht nur auf die beiden großen totalitären Herrschaftsformen, den Nationalsozialismus und den Stalinismus, zu, die tiefe Spuren in der europäischen Geschichte und Identität hinterlassen haben. Auch in der poststalinistischen Periode und während des deutschen Vereinigungsprozesses 1989/90 zeigte sich, wie stark das deutsch-sowjetische Verhältnis auf die damalige bipolare Welt des Kalten Krieges gewirkt hat. Das gilt bis in die Gegenwart: Ungeachtet aller Globalisierungsprozesse gehören das vereinte Deutschland und das heutige Russland weiterhin zu den politischen Akteuren, deren Zusammenspiel das internationale Geschehen beeinflusst. Die Krimkrise und die bislang vergeblichen Bemühungen, sie diplomatisch beizulegen, stehen paradigmatisch für diesen Befund. Es gibt zudem kaum andere Staaten auf der Welt, deren bilaterale Beziehungen während der vergangenen einhundert Jahre auch nur annähernd so nachhaltig durch Revolution und Umbruch, durch Terror und Gewalt sowie Abgrenzung und Verständigung geprägt worden sind.
 
Ein Buch schon.
 

Quelle: Dieser Buchtipp stammt aus unserem SEKO Newsletter 4/23 mit Buch- und Rundfunktipps für literarisch Interessierte und Neuigkeiten rund um SEKO. Zur Anmeldung geht es hier.

von Peglow, Julia
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